Neuer START-Vertrag zur nuklearen Abrüstung

Am 8. April 2010 unterschrieben U.S. Präsident Barack Obama und der russische Präsident Dmitri Medwedew in Prag den neuen START-Vertrag zur Abrüstung ihrer strategischen Potenziale. Der Vertrag ersetzt die beiden Vorgängerverträge START I und SORT und erlaubt eine weitere Reduzierung der Nukleararsenale beider Staaten um ca. 30 Prozent. Erstmalig nach zehn verlorenen Jahren wurde wieder ein klassischer Rüstungskontrollvertrag abgeschlossen, der auf Parität und Verifikation aufgebaut ist. Erstmalig werden im Gegensatz zu früheren strategischen Abkommen nicht nur Trägersysteme (Raketen, U-Boote, Bomber) auf 800 pro Seite, sondern stationierte Sprengköpfe (auf 1550 pro Seite) beschränkt. Bezüglich der Sprengköpfe besteht hier die Chance, dass ein neues Transparenz- und Verifikationssystem den weiteren irreversiblen Abbau der immer noch großen Sprengkopfzahlen ermöglicht.

Der Vertrag wurde symbolträchtig in der Stadt unterschrieben, in der Barack Obama am 5. April 2009 in einer Rede für eine nuklearwaffenfreie Welt plädiert hatte. In diesem Sinne kann der Vertrag als ein erster Schritt in diese Richtung angesehen werden, der jedoch die nuklearen Streitkräftestrukturen und Nukleardoktrinen aus der Zeit des Kalten Krieges weitgehend unberücksichtigt lässt.

Die Ratifikation des Vertrages wird die Parlamente beider Länder beschäftigen und die zu erwartende kontroverse Debatte um den Ausbau der Raketenabwehr die Gegner des Abkommens auf den Plan rufen. Das russische Militär zielt auf eine dauerhafte und vertragsgebundene Beschränkung der US-Raketenabwehrpläne ab, während die Gegner im US-Kongress den Vertrag bereits als erstes Zugeständnis der USA gegenüber Russland sehen. Für die bevorstehende Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrages (NVV) können die beiden großen Nuklearmächte nun weitere Abrüstungsschritte vorweisen und auf eine Stärkung des NVV-Regimes drängen. Entscheidend ist, ob eine weitere Abrüstungsrunde zwischen den USA und der Russischen Föderation möglich ist.

Allerdings nehmen die Probleme und Konfliktgegenstände zwischen beiden Nuklearmächten hier zu. Der Bestand der gelagerten Nuklearwaffen ist zu hoch und die Gefahr einer Reaktivierung weiterhin gegeben. Die Nukleardoktrinen werden nach wie vor vom Denken des Kalten Krieges bestimmt und schließen einen Erstschlag nicht aus. Die Kontroverse um Raketenabwehr und der Verbleib taktischer Nuklearwaffen in den Arsenalen der NATO und Russlands sind ungelöst. Dennoch kann der Vertrag die Beziehungen beider Staaten vereinfachen und die Weichen für tiefgreifende nukleare Abrüstung stellen, die andere Staaten vom Streben nach eben diesen Massenvernichtungswaffen abhält. 

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Prof. Dr. Götz Neuneck