Am 10. März 2025 fand in der Landesvertretung der Freien und Hansestadt Hamburg in Berlin die Abschlussveranstaltung des Forschungsprojekts Konfigurationen von gesellschaftlichen und politischen Praktiken im Umgang mit dem radikalen Islam (KURI) statt.
Unter der Koordination von IFSH-Wissenschaftler PD Dr. Martin Kahl und Prof. Dr. Julian Junk vom Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung (PRIF) /der Hessischen Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit (HöMS), hat das Verbundprojekt mehr als vier Jahre lang untersucht, welche staatlichen und zivilgesellschaftlichen Maßnahmen in Deutschland nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 zur Islamismusprävention ergriffen worden sind. Das politische Handlungsfeld zeichnet sich durch eine Vielzahl von Akteuren aus, deren Interessen, Problemwahrnehmungen, Koordinationsmechanismen und Lösungsstrategien sehr verschieden sind. Eine Grundüberlegung des Projekts war es, trotz dieser Fragmentierungen, Interessengegensätze und politischen Durchsetzungskämpfe im Umgang mit dem Islamismus übergreifende Tendenzen und zugrunde liegende Logiken zu identifizieren.
Das Forschungsprojekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Das Ministerium hatte sich zum Ziel gesetzt, genauer zu erfahren, welche gesellschaftlichen Ursachen und Auswirkungen der erstarkende Islamismus in Deutschland und Europa hat.
Austausch mit Fachleuten aus Wissenschaft, Politik, Polizei und Zivilgesellschaft
Während der Abschlussveranstaltung, an der rund 60 Personen teilnahmen, stellten die beteiligten Wissenschaftler:innen nun die wesentlichen Befunde ihres Projekts vor und diskutierten darüber mit Expert:innen aus Wissenschaft, Politik, Polizei und der Zivilgesellschaft.
In seinem Einführungsvortrag fasste Martin Kahl (IFSH) die wichtigsten Ergebnisse des KURI-Projekts zusammen. Demnach gab es
- eine deutliche Tendenz zur Verlagerung von Maßnahmen weit in das Vorfeld krimineller Handlungen und die mögliche Entstehung von Radikalisierungsprozessen,
- keine durchgehende Überbetonung sicherheitspolitischer Maßnahmen, sondern ein auf einzelne Ereignisse reagierendes Austarieren zwischen Alarmismus und Zurückhaltung,
- dennoch Verfestigungen und eine Aufsummierung von Maßnahmen, die Veränderungen der Bedrohungslage überdauerten und
Defizite bei der Überprüfung der Wirkung der beschlossenen Maßnahme und ihrer Kontrolle.
Wie nehmen die Bevölkerung, die Sicherheitsbehörden und die Politik die Bedrohung wahr?
In einer ersten Diskussionsrunde ging es darum, wie die Bevölkerung, die Sicherheitsbehörden und die Politik Islamismus in Deutschland wahrnehmen und darstellen. Mona Klöckner vom PRIF stellte zu Beginn der Runde die Ergebnisse ihrer Umfragen zu Bedrohungswahrnehmungen durch die Bevölkerung vor. Lea Brost (IFSH) und Lea Scheu (PRIF) folgten mit einem Vortrag zu Bedrohungswahrnehmungen durch Politik und Sicherheitsbehörden.
Eine weitere Diskussionsrunde befasste sich mit der Frage, mit welchen rechtlichen Bestimmungen und praktischen Maßnahmen sowohl Staat als auch zivilgesellschaftliche Einrichtungen auf islamistische Anschläge und Bedrohungen reagiert haben. Isabelle Stephanblome (PRIF) erläuterte in einem einführenden Vortrag die Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen im Umgang mit dem Islamismus. Martin Kahl (IFSH) und Julian Junk (PRIF/HöMS) zeichneten in einem weiteren Vortrag die Entwicklungen operativer Maßnahmen staatlicher und zivilgesellschaftlicher Akteure gegen den Islamismus nach.
Das Abschlusspodium thematisierte aktuelle Herausforderungen und Chancen beim Umgang mit dem Islamismus, nicht zuletzt mit Blick auf die kommende Legislatur. Teilnehmer des von Julian Junk moderierten Podiums waren Michael Kiefer von der Universität Osnabrück, Götz Nordbruch von ufuq.de und Stefan Uecker, Leiter des Referats H III 1 – Wehrhafte Demokratie und Extremismusprävention im Bundesministerium des Innern und für Heimat.
Im Anschluss an die Diskussionsrunde fand ein Empfang statt.
Ein Sammelband mit den Projektergebnissen, herausgegeben von Julian Junk und Martin Kahl, erscheint im Mai 2025 unter dem Titel „Wie Deutschland mit Islamismus umgeht“ im Campus-Verlag.
Weitere Informationen zum Projekt und zu den aus ihm hervorgegangenen Publikationen gibt es auf der Projektwebsite.