Wie könnte der Krieg enden? Interview auf Phoenix

Dr. Alexander Graef arbeitet am IFSH im Forschungsbereich Rüstungskontrolle und Neue Technologien. (c) IFSH

 

In der Sendung „Nachgehakt“ auf Phoenix erläutert Dr. Alexander Graef die mögliche weitere Entwicklung im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.  Ein Jahr nach Kriegsbeginn stünden sich die Interessen beider Kriegsparteien einander diametral gegenüber: Russland fordere weiterhin die Anerkennung der bisher annektierten Gebiete als auch einen Regimewechsel in Kiew, während die Ukraine sich auf die Grenzen von 1991 berufe, stellt der IFSH-Russlandexperte fest.
Im Interview spricht Alexander Graef über drei mögliche Szenarien: ein Kriegsende durch Verhandlungen, ein Sieg Russlands und ein Sieg der Ukraine.

Im März 2022 gab es bereits Gespräche zwischen der Ukraine und Russland über einen möglichen Verhandlungsfrieden, die aber unter anderem wegen der Aufdeckung russischer Kriegsverbrechen im Sande verlaufen seien. Seitdem gebe es dennoch weitere diplomatische Kontakte, darunter zum Gefangenaustausch und beim Getreideabkommen.  

Nach Ansicht von Alexander Graef sind westliche Waffenlieferungen an die Ukraine notwendig, um der Ukraine überhaupt eine Verteidigung zu ermöglichen. Sie kämpfe weiterhin um die eigene Existenz als Staat. Wer jetzt fordere von heute auf morgen Waffenlieferungen komplett einzustellen, der würde beschließen, dass die Ukraine den Krieg verlieren wird, so der Friedensforscher. Neben der militärischen Unterstützung der Ukraine sei jedoch auch die Frage nach den strategischen Zielen, auch denen des Westens, berechtigt. Denn dazu gebe es ganz unterschiedliche Ansichten. Darüber hinaus müsse es das Ziel sein, bestehende diplomatische Bemühungen auf andere Bereiche auszuweiten, etwa auf die Einrichtung von Sicherheitszonen um ukrainische Atomkraftwerke. Je länger der Krieg jedoch dauere, desto schwieriger würden zukünftige Verhandlungen.

Ein Sieg der Ukraine mit der Forderung der Wiederherstellung der vollständigen Kontrolle in den Grenzen von 1991 hält Graef unter den gegebenen Umständen derzeit für eher unrealistisch. Zudem trage dieses Szenario das erhöhte Risiko einer Eskalation des Krieges auf die Ebene Russland-NATO in sich.

Ebenso unwahrscheinlich ist für Alexander Graef ein vollständiger Sieg Russlands. Momentan sehe es nicht danach aus, dass Russland noch militärisch in der Lage sei sein ursprüngliches Ziel eines Regimewechsels in der Ukraine oder die Kontrolle über weitere, auch zentral- oder westukrainische, Landesteile umzusetzen. Andererseits wäre die militärische Kontrolle über die gesamten Gebiete Lugansk und Donetsk wohl das absolute Minimalziel Putins.


Das ausführliche Interview aus der Serie „Nachgehakt“ auf Phoenix vom 01.03.2023 finden Sie in der Phoenix-Mediathek.