IFSH-Beitrag zum Deutschen Forum Sicherheitspolitik 2025 der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS)
China rüstet massiv auf – sowohl im konventionellen als auch im nuklearen Bereich. Bis 2035 strebt das Land eine umfassende Modernisierung seines Militärs an. Gleichzeitig investiert China in Cyber-Kapazitäten und verfolgt eine zunehmend selbstbewusste Außenpolitik, die sicherheitspolitische Spannungen verschärft.
Während einer Online-Veranstaltung beim Deutschen Forum Sicherheitspolitik analysierten Expert:innen des IFSH und der Bundestagsabgeordnete Nicolas Zippelius (CDU) nun die sicherheitspolitischen Herausforderungen, die sich aus Chinas Aufrüstung ergeben. Rund 60 Vertreter:innen aus der Bundespolitik, Mitarbeitende von Think Tanks und interessierte Bürger:innen waren der Einladung gefolgt. Zu der Veranstaltung eingeladen hatte das Berliner Büro des IFSH.
Konventionelle Aufrüstung und wirtschaftliche Schwächen
Chinas Aufrüstung umfasse alle Teilstreitkräfte, erläuterte Dr. Sabine Mokry, IFSH-Wissenschaftlerin im Forschungsbereich Rüstungskontrolle und Neue Technologien. Ein besonderer Fokus liege jedoch auf der Marine, die inzwischen die größte Flotte der Welt stelle, sowie auf Schlüsseltechnologien wie Künstlicher Intelligenz und Hyperschallwaffen. Nach Einschätzung der Friedensforscherin führt Chinas Aufrüstung zu wachsender Unsicherheit, vor allem wegen der erhöhten Gefahr militärischer Zwischenfälle mit den USA. Gleichzeitig bliebe China jedoch in zentralen Technologiebereichen von Importen abhängig und kämpfe mit demografischen und wirtschaftlichen Herausforderungen, so Mokry.
Nukleare Modernisierung fördert strategisches Misstrauen
China hat sein Nukleararsenal in den vergangenen Jahren trotz offiziellem Verzicht auf einen Ersteinsatz von Nuklearwaffen (No-First-Use) massiv ausgebaut und investiert in moderne Trägersysteme wie Hyperschallwaffen, Mittelstreckenraketen und neue U-Boot-gestützte Interkontinentalraketen. Diese Entwicklung sei eine Reaktion auf die Rivalität mit den USA und solle Chinas Großmachtstatus festigen, erklärte Wolfgang Rudischhauser. Im Westen wüchsen dadurch das Misstrauen und die Sorge, dass China in einem möglichen Taiwan-Konflikt nukleare Drohungen als Abschreckung einsetzen könnte, mahnte der Senior Fellow im Forschungsbereich Rüstungskontrolle und Neue Technologien am IFSH. Er plädierte daher für mehr Transparenz und Dialog zwischen China und USA, um ein nukleares Wettrüsten in Asien zu verhindern und die regionale Stabilität zu sichern.
Chinas Cyberpotenzial und Deutschlands Reaktionsmöglichkeiten
Auch Chinas Cyberstrategie spiegelt die gestiegenen geopolitischen Ambitionen des Landes wider und hat sich den Beobachtern zufolge in den vergangenen Jahren deutlich verschärft. Chinas Cyber-Operationen würden aggressiver, technisch ausgefeilter und konzentrieren sich zunehmend auch auf die Vorbereitung von Sabotage westlicher, kritischer Infrastruktur, erläuterte Dr. Matthias Schulze, Leiter des Forschungsschwerpunktes Internationale Cybersicherheit am IFSH. Dem strategischen Denken Chinas zufolge seien Cyber-Operationen zentraler Bestandteil künftiger militärischer Konfrontationen, um militärische Kommandoinfrastruktur und Verlegefähigkeiten in den Frühphasen eines Krieges lahmzulegen, so der Experte. Chinas Cyber-Sicherheitsstrategie und Cyber-Sicherheitsarchitektur seien ebenso auf solche Konfliktszenarien ausgerichtet: westliche IT und damit potenzielle Hintertüren sollten deshalb aus eigener kritischer Infrastruktur verbannt werden, während gleichzeitig Sicherheitslücken zur Vorbereitung von Angriffen gegen westliche IT gesammelt würden. Nach Schulzes Beobachtung wurden die Cyber-Einheiten der Volksbefreiungsarmee zuletzt stark zentralisiert, in ihrer Effizienz gesteigert und setzten zunehmend auf Cyber-Milizen aus Universitäten und dem Privatsektor. Schultze hält diese Entwicklungen für besorgniserregend und empfiehlt Deutschland sich auf ein “worst case”-Szenario vorzubereiten.
Politische Implikationen für die neue Bundesregierung
Nicolas Zippelius (CDU), Mitglied des Bundestages und China-Experte der Unionsfraktion, betonte in seinem Beitrag die Notwendigkeit, die deutsche China-Strategie konsequent weiterzuentwickeln und mit konkreten Maßnahmen zu unterlegen. Als wichtigen Schritt hob er den im Koalitionsvertrag verankerten Aufbau eines zentralen China-Kompetenzzentrums hervor, das China-Expertise bündeln und als Anlaufstelle für Politik, Verwaltung und Wirtschaft dienen solle. Zippelius plädierte für eine engere europäische Zusammenarbeit und mehr Geschlossenheit im Umgang mit den Herausforderungen durch China. Besonders wichtig sei eine umfassende Risikominimierung, also die gezielte Verringerung strategischer Abhängigkeiten Deutschlands und Europas in kritischen Bereichen, so der CDU-Abgeordnete.
Diskussion mit den Veranstaltungsteilnehmenden
In der sich anschließenden Diskussion hatten die Zuhörer:innen viele Fragen an die Expert:innen: Welche Bedrohungsszenarien wären möglich, sollte ein drohender Taiwan-Konflikt eskalieren? Was wären die Auswirkungen und die beste Abwehr von chinesischen Cyberangriffen – auch gegen Deutschland? Und wie ist die intensivierte Zusammenarbeit zwischen Russland und Nordkorea wie jüngst im Krieg gegen die Ukraine einzuschätzen? Sollten Sie Interesse an der Diskussion haben, laden wir Sie herzlich ein, sich die Aufzeichnung der Veranstaltung vom 05. Mai 2025 auf unserem YouTube-Kanal anzusehen. Weitere Informationen zum Forum Sicherheitspolitik der Bundesakademie für Sicherheitspolitik finden Sie hier.