Der Wut auf der Spur: Über Emotionen in Russlands Außenpolitik

Dr. Regina Heller

Im Sammelband "Emotionen in den Internationalen Beziehungen", erschienen bei Nomos, ist Regina Heller der Wut in Russlands Außenpolitik auf der Spur. Sie zeigt darin, wie man empirisch-methodisch die emotionale Komponente der russischen Außenpolitik gegenüber dem Westen erfassen kann. Auf der Grundlage einer Analyse über sechs Interaktionsfelder hinweg und einen Zeitraum von 25 Jahren spürt sie der Dynamik der Wut in sogenannten "Wut-Markern" im institutionellen Diskurs, d.h. in sprachlichen Elementen, in denen die Wut über eine vermeintliche Geringschätzung und Missachtung Russlands durch westliche Akteure in den internationalen Beziehungen zum Ausdruck kommt, nach und stellt sie der tatsächlichen außenpolitischen Praxis gegenüber. Es zeigt sich, dass Emotionen mitnichten ephemere Phänomene sind, sondern dass sie sich, wie im russischen Fall, als ausgesprochen langlebig, raumgreifend und für die Entwicklung des Verhältnisses zum Westen folgenschwer erwiesen haben. Die sich Ende der 1990er Jahre herausbildende Emotion der Wut konnte über die Zeit in verschiedenen statusrelevanten Interaktionsfeldern reaktualisiert werden und sich dort ausbreiten. Dadurch ist die ursprüngliche Bezugsemotion Wut zu einer identitätsrelevanten Bewertungsgrundlage für die Formulierung der Self-Other-Beziehungen zum Westen geworden und damit auch zur emotionalen Grundlage für politische Entscheidungen gegenüber dem Westen. Über den Betrachtungszeitraum hinweg hat sich in dieser Dynamik ein breites Repertoire an Wut-basierten moralischen Werturteilen herausgebildet, das sowohl Ressource zur Identitätsstabilisierung ist als auch Rechtfertigungsmittel für die aktuelle russische Machtpolitik.

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