Der aktuelle bewaffnete Konflikt in Nagornyi Karabach und die politischen Unruhen in Kirgisistan werfen einmal mehr die Frage auf, inwiefern die lokale Bevölkerung selbst mit dazu beitragen kann, Konflikte einzuhegen oder gar zu schlichten.
Sowohl die Regionalforschung als auch die Sozialanthropologie zum postsowjetischen Kaukasus und zu Zentralasien bestätigen: gewohnheitsrechtliche soziale Ordnungen spielen für die Bevölkerung in der Region eine große Rolle, wenn es um die Bewältigung alltäglicher Spannungen geht. Für die Friedens- und Konfliktforschung stellt sich daher die Frage, ob und wie sie dieses Wissen nutzen kann, um lokalen Frieden zu unterstützen.
27 Teilnehmer*innen eines von der Deutschen Stiftung Friedensforschung geförderten und von Anna Kreikemeyer organisierten internationalen Workshops diskutierten dieses Thema am 8./9. Oktober 2020 während einer Videokonferenz. Sie tauschten sich vor allem darüber aus, wie die Sichtweisen von Bewohner*innen von Konfliktregionen besser erforscht und verstanden werden können, welche Erfahrungen und Praktiken es gibt, um die Einheimischen in den Friedensprozess zu integrieren. Expert*innen aus Kirgisistan, Tadschikistan und Georgien stellten Beispiele kommunaler Konfliktbeilegung entsprechend der weithin noch wirksamen gewohnheitsrechtlichen Ordnungen vor; ein Runder Tisch tauschte sich über unterschiedliche Konzepte zur Erforschung des gesellschaftlichen Friedens von unten aus und je eine europäische sowie eine zentral-eurasische Gruppe stellte ihre unterschiedlichen Sichtweisen gegenüber. Abschließend besprachen alle Teilnehmer*innen Chancen und Grenzen interdisziplinärer und inter-regionaler Friedensforschung. Sie vereinbarten, den begonnenen Dialog ab November 2020 in einem Online-Netzwerk "Studying Local Ordering and Peace Formation" fortzusetzen.
Vertiefende Literatur einzelner Teilnehmer*innen zum Thema finden Sie unter online unter https://www.tandfonline.com/toc/risb20/14/4