Konflikttransformation und Peacebuilding am Beispiel der Philippinen

Am 15. April 2013 führte das IFSH/ZEUS in Kooperation mit der Führungsakademie der Bundeswehr (FüAkBw) ein Expertengespräch zum Thema Konflikttransformation und Peacebuilding am Beispiel der Philippinen durch. Eine zivil-militärische Expertengruppe aus den Philippinen befand sich zu diesem Zeitpunkt zu Gedankenaustausch und Beteiligung an einer Übung an der FüAkBw. Begleitet durch Fregattenkapitän Thomas Böhlke (FüAkBw) nahmen unter Führung des als „Peace General“ titulierten [nbsp]Generalleutnants a. D. Raymundo Benitez Ferrer, zwei weitere hohe aktive Offiziere der Philippinischen Armee, Generalmajor Nonato Alfredo T. Peralta und Oberst Dickson Penas Hermoso teil. Herr Ariel C. Hernandez, Gründer und leitender Direktor einer „Social Enterprise Organisation“ sowie einer „Microfinance Institution“ einer Gruppe von NGOs, stellte den zivilen Teil der Delegation dar. Alle vier Teilnehmer sind intensiv in den Peacebuilding Prozess auf den Philippinen, insbesondere auf Mindanao, involviert. Das IFSH war mit seinem Wissenschaftlichen Direktor Professor Dr. Michael Brzoska, dem Leiter ZEUS Dr. Hans-Georg Ehrhart sowie dem Militärischen Anteil des Instituts Oberstleutnant i. G. Dr. Johann Schmid vertreten.

Zentraler Betrachtungsgegenstand der Diskussion war der neue Ansatz, den die gegenwärtige Philippinische Regierung mit dem „Internal Peace and Security Plan Bayanihan“ zur Bewältigung der seit vier Jahrzehnten bestehenden Konfliktsituation im Land gewählt hat. Der innerstaatliche bewaffnete Konflikt auf den Philippinen, der bisher ca. 120.000 Todesopfer forderte, zu ca. 2 Millionen Flüchtlingen führte und die wirtschaftliche Entwicklung nachhaltig verlangsamte, besteht insbesondere zwischen der Regierung und zwei unterschiedlichen Rebellen-/Guerillagruppierungen: den kommunistisch ausgerichteten Maoisten mit ca. 4.000 und den muslimischen Separatisten (Moro) mit ca. 14.000 aktiven Mitgliedern. Grundsätzlich erstreckt sich der Konflikt auf das gesamte Land. Hauptkonfliktregion ist jedoch Mindanao. Ein Teilproblem des Konflikts besteht u. a. auch darin, die staatliche Kontrolle über diverse paramilitärische Verbände (ca. 35.000 Mann auf Mindanao) und insbesondere selbsternannte Milizen herzustellen und diese mittel- bis langfristig zu entwaffnen.

Der Neuansatz in der Konfliktbewältigung kommt einem paradigmatischen Wandel gleich. Er war erst durch ein, auch politisch bedingtes, verändertes „Mindset“, insbesondere auch des Militärs, möglich geworden. Statt „Winning the War“ soll fortan „Winning the Peace“ das handlungsleitende Motto sein. „Peace General“ Ferrer sprach in diesem Zusammenhang von einem „window of opportunity“ unter der gegenwärtigen Regierung, die noch bis 2016 im Amt bestätigt ist.

Vertrauensbildung, „Human Security“, Teilhabe und Einbindung lokaler Regierungen und ziviler Autoritäten, „Cultural Awareness“ und Ganzheitlichkeit stehen hierbei im Mittelpunkt von „Winning the Peace“. Für das Militär bedeutet dies, auch Aufgaben jenseits ihres Kampfauftrags zu übernehmen und dabei midiversen zivilen Akteuren zu kooperieren. Für die Philippinischen Streitkräfte stellt dies, wie betont wurde, offenbar eine große Herausforderung dar, da man bis vor kurzem noch an US-Doktrinen aus dem Koreakrieg der 1950er Jahre und dem amerikanischen „Body-Count“-Ansatz des Vietnamkriegs orientiert war. Die Veränderung des politisch-militärischen „Mindset“ wurde wiederholt als der entscheidende Faktor für den paradigmatischen Wandel in der Konfliktbewältigung auf den Philippinen hin zu einem „Peacebuilding“-Ansatz bezeichnet. Der Ausblick für die weitere Entwicklung wurde Seitens der philippinischen Experten verhalten positiv eingeschätzt, da die Konfliktparteien gegenwärtig zumindest miteinander reden würden. Es komme jedoch darauf an die Zeit bis 2016 aktiv zu nutzen, da man nicht so genau wissen könne, inwiefern eine neue Regierung an Vorhaben der Vorgängerregierung festhalten werde.

Kontakt: Schmid@remove-this.ifsh.de