Über die Jahre hat sich der Gewaltkonflikt im Nordkaukasus signifikant verändert. Was im Zuge des Zusammenbruchs der Sowjetunion im Wesentlichen als ethno-nationalistischer Unabhängigkeitskampf in Tschetschenien begann, hat sich im Laufe der Zeit zu einem radikal-islamistischen Untergrundkampf (Dschihad) verwandelt, der weitgehend in Tschetscheniens Nachbarrepubliken stattfindet. Bei der Transformation des Gewaltkonflikts haben politische, sozio-ökonomische sowie ideologische Faktoren eine wichtige Rolle gespielt: Russlands unnachgiebige Haltung gegenüber dem tschetschenischen Unabhängigkeitsbestreben, seine brutale Niederschlagung und die erzwungene Pazifizierung der Teilrepublik in den 2000er Jahren, zudem anhaltende Strukturschwäche und Stabilitätsprobleme in den Republiken des Nordkaukasus und schließlich inner-islamische Konflikte um Einfluss und religiöse Deutungshoheit in der Region. Aktuell beeinflussen auch vermehrt internationale Faktoren die Gewalt- und Konfliktdynamik, hier vor allem der erstarkende Einfluss der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) im Nordkaukasus. Radikal-islamistische Ideologien vermögen ein Vakuum zu füllen, das infolge gravierender politischer, sozio-ökonomischer und ideologischer Defizite in der Region entstanden ist.
In ihrer neuesten Publikation "Aktuelle Konfliktdynamiken im Nordkaukasus" beleuchetet IFSH-Russlandexpertin Dr. Regina Heller diese Gemengelage.
Sie ist im Sammelband "Politik und Gesellschaft im Kaukasus", herausgegeben von Olaf Leiße, erschienen.