Neue Publikation: Herrschaft und Widerstand aus transnationaler Perspektive

Maik Fielitz, Holger Marcks

Das Wechselverhältnis von Herrschaft und Widerstand kann schon lange nicht mehr nur im nationalen Kontext verstanden werden, da politische Auseinandersetzungen zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren zunehmend transnationalen Charakter annehmen. Dennoch fehlt es sowohl der Forschung zu internationalen Beziehungen als auch der Forschung zu sozialen Bewegungen und politischer Gewalt am nötigen Vokabular, um diese Dynamiken angemessen zu beschreiben.

Zusammengefasste Erkenntnisse eines internationalen und interdisziplinären Autorenteams

Mit dem Sammelband "Rule and Resistance Beyond the Nation State. Contestation, Escalation, Exit" liegt nun ein Buch vor, das diese Lücke zu schließen versucht. Initiiert vom Frankfurter Projektverbund Internationale Dissidenz und herausgegeben von mehreren Projektmitarbeiter*innen, versammelt der Band namhafte (internationale) Wissenschaftler*innen aus der Gewalt-, Bewegungs- und IB-Forschung – darunter Martha Crenshaw, Christopher Daase, Nicole Deitelhoff und Hank Johnston. Entwickelt wird darin, anhand empirisch reichhaltiger Fallstudien, ein tiefgreifendes Verständnis von den verschiedenen Formen, die das Wechselverhältnis von Herrschaft und Widerstand transnational annehmen kann.  

Transnationale Kooperation zwischen nichtsstaatlichen Gewaltakteuren und ihre Folgen

Beteiligt an dem Band war auch IFSH-Mitarbeiter Holger Marcks. Der Beitrag "Escalation Through Cooperation. How Transnational Relations Affect Violent Resistance" (zusammen mit Janusz Biene, Daniel Kaiser und Christopher Daase) widmet sich speziell der transnationalen Kooperation zwischen nichtstaatlichen Gewaltakteure und geht der Frage nach, wie solche Kooperationen zur Eskalation von (nationalen) Konflikten führen können. Er zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass er einen systematischen Vergleich verschiedener (historischer) Gewaltwellen vornimmt, darunter der anarchistische Terrorismus Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts, der nationale Befreiungskampf in Mosambik von 1964–1974 und der Dschihadismus in Nordafrika ab den späten 1990er Jahren.

Rückzug aus politischen Konflikten als eine Form von Dissidenz?

In einem weiteren Beitrag diskutiert IFSH-Mitarbeiter Maik Fielitz (gemeinsam mit Philip Wallmeier), wie der Rückzug aus politischen Konflikten als eine Form von Dissidenz verstanden werden kann. Fielitz und Wallmeier nehmen Widerstandspraktiken in den Blick, die oft durch den Fokus auf Protest und Gewalt verloren gehen. Sie zeigen am Beispiel der Kommunen-Bewegung der 1960er Jahre, wie die Aneignung von Landstrichen mit dem Aufbau einer alternativen Lebensweise einherging, die einen deutlichen Bruch mit existierenden Herrschaftsstrukturen verlangte und weit über eine eskapistische Geste hinausging.

Der Band, der in der Reihe "Resistance Studies: Critical Engagements with Power and Social Change" bei Rowman & Littlefield International erschienen ist, lässt sich über die Internetseite des Verlags beziehen.


Holger Marcks, Janusz Biene, Daniel Kaiser & Christopher Daase: "Escalation Through Cooperation. How Transnational Relations Affect Violent Resistance", in: Felix Anderl, Christopher Daase, Nicole Deitelhoff, Victor Kempf, Jannik Pfister & Philip Wallmeier (Hg.), Rule and Resistance Beyond the Nation State. Contestation, Escalation, Exit (Lanham: Rowman & Littlefield International, 2019), S. 179–200.


Philip Wallmeier & Maik Fielitz: “Withdrawal as Dissident Politics”, in: Felix Anderl, Christopher Daase, Nicole Deitelhoff, Victor Kempf, Jannik Pfister & Philip Wallmeier (Hg.), Rule and Resistance Beyond the Nation State. Contestation, Escalation, Exit (Lanham: Rowman & Littlefield International, 2019), S. 205–219.