Die EU erweckt seit einiger Zeit den Eindruck eines schwindenden Zusammenhalts. Vor dem aktuellen geopolitischen Hintergrund hat sich die Debatte um das Entstehen einer europäischen Verteidigungsunion verstärkt.
So betonte Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel mehrfach, dass Europa sein Schicksal selbst in die Hand nehmen müsse, auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron tritt vehement für die Stärkung Europas und seiner Verteidigungsfähigkeit ein. Zweifelsohne ist festzustellen, dass es innerhalb der EU eine politische Dynamik in Richtung mehr gemeinsamer Sicherheit und auch Verteidigung gibt. Abseits der zentrifugalen Kräfte sind also auch zentripetale Entwicklungen auszumachen, die zu mehr Zusammenhalt und gemeinsamer Gestaltungskraft führen könnten.
Die fünf Beiträge des von Walter Feichtinger herausgegebenen Heftes reflektieren den aktuellen Stand der Debatte, Entwicklung und Ambitionen.
Gerhard Jandl schildert die Bestandsaufnahme für eine gemeinsame Verteidigungsplanung, den Europäischen Verteidigungsfonds und die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit als Herzstück der laufenden Revision.
Harald Pöcher untersucht die Chancen einer vergemeinschafteten Verteidigungsforschung. Dotiert mit 13 Mrd. Euro für eine Laufzeit von 2021-27 soll der neue Verteidigungsfonds standardisierte Waffensysteme einführen und einen wettbewerbsfähigen Rüstungsbinnenmarkt mit Leben erfüllen.
Hubert Isak behandelt die Herausforderung der Neutralität zwischen sicherheitspolitischer Souveränität und unionsrechtlicher Solidarität. In einer sich verdichtenden GSVP sieht er im modularen Modell der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit eine Chance.
Um auf Weltmachtebene mitzuhalten, so Sven Biscop, fehle der EU eine Grundsatzentscheidung betreffend Kernaufgaben und Ambitionslevel. Neben den qualitativen Zielen sei daher eine Quantifizierung der Kapazitäten notwendig.
Bernhard Christandl und Martin Muchitsch erörtern den aktuellen Stand der Vorschläge hinsichtlich einer Kooperation von EU und NATO: Zusammenarbeit wie bisher, geteilte Verantwortung und schließlich „gemeinsame Verteidigung“ als Voll-Option mit heikler Abgrenzung zur NATO.
Unter dem Stichwort „Outer space for security“ lotet Annette Froehlich den Aufbau gemeinschaftlicher weltraumgestützter Sicherheitskompetenzen aus. Die Weltraumlageüberwachung und das Erkennen von Gefahren aus dem Weltall sollte in naher Zukunft Teil einer gemeinsamen Strategie der EU als international führendem Weltraum-Akteur bilden.
Außerhalb des Themenschwerpunkts befassen sich zwei Autoren mit aktuellen Herausforderungen für Kolumbien: Maximilian Görgens betrachtet die problematische Inklusion der FARC-Rebellen und Helen Deacon untersucht ob sich Kolumbiens Ölreichtum eher als Fluch oder als Segen für die Konflikttransformation herausstellt.
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