Bereits in seinem Wahlkampf versprach Präsident Donald Trump mit seinem Slogan „Make America great again“, den Vereinigten Staaten ihren hegemonialen Status zurückzugeben. Der Grund für den Verlust amerikanischer Hegemonie ist laut Trump eine Sicherheits- und Außenpolitik des politischen Establishments in Washington, D.C., deren Vertreter er als sogenannte Globalists bezeichnet. Diese würden stärker die Interessen der Welt berücksichtigen statt die Interessen ihres Heimatlandes verfolgen („America First“). Das Resultat, so Trumps Vorwurf, sei eine unverhältnismäßige Lastenverteilung in den militärischen Bündnissen, die Verstrickung in endlose Kriege und unfaire Handelsabkommen mit enormen Handelsdefiziten. Trumps isolationistische Vorstellungen, seine konfrontative Rhetorik und seine Handlungen stellen eine Diskontinuität mit der Sicherheits- und Außenpolitik sämtlicher US-Regierungen seit dem Zweiten Weltkrieg dar. Während seiner Präsidentschaft brach er mit Konventionen, Normen und Regeln der liberalen Weltordnung; Trump stellte bedeutende Bündnisse in Frage und missachtete bewährte Ansätze zur Konfliktlösung.
Während Vertreter*innen der Friedens- und Konfliktforschung sowie Außenpolitikexpert*innen von Beginn an Trumps unkonventionellen und konfrontativen Stil kritisierten, eröffnet der Bruch mit Konventionen aber auch die Möglichkeit, bestehende Ideen und Konzepte in der Wissenschaft kritisch zu hinterfragen. Mit dem nahenden Ende seiner (ersten und womöglich einzigen) Amtszeit nimmt dieses von Dr. Holger Janusch herausgegebene S+F-Sonderheft die Gelegenheit wahr, die Sicherheits- und Außenpolitik der Trump-Administration zu untersuchen und zu bewerten. Ist Trump wirklich ein Friedensstörer, dessen unkonventionelle Rhetorik und Politik bestehende Konflikte verschärfte und Konfliktregionen destabilisierte, wie viele von Anfang an befürchteten? Oder ist er – wie er sich selbst beschreibt – der größte „Dealmaker“ aller Zeiten, dessen Bruch mit traditionellen Ansätzen es ermöglichte, festgefahrene Konflikte zu lösen und Raum für neue Vereinbarungen zu öffnen?
Daniel S. Hamilton untersucht Trumps kritische Haltung gegenüber der NATO sowohl nach innen hinsichtlich einer Neuverteilung der Lasten als auch nach außen. Der Autor betrachtet die Rolle des Verteidigungsbündnisses im Kontext des Wettbewerbs mit anderen Großmächten, insbesondere mit China. Die eigentliche Herausforderung für die Europäer bestehe nicht darin, dass die Vereinigten Staaten die NATO aufgeben könnten. Vielmehr sei zu befürchten, dass die USA die Spaltung Europas vorantreiben könnten, so Hamilton.
P. Terrence Hopmann beleuchtet, welche Außenpolitik die US-Administration der vergangenen vier Jahre gegenüber Russland und der Ukraine verfolgt hat. Er kommt zu dem Schluss, dass Trumps persönliche und politische Interessen die nationalen Interessen der Vereinigten Staaten untergraben. Während der Kongress, Berater und Beamte die politischen Vorstellungen von Präsident Trump gegenüber Russland und der Ukraine begrenzten, entbinde ihn sein Freispruch im Amtsenthebungsverfahren. Außerdem trennte sich Trump von kritischen Beratern.
Lars Berger analysiert den von Trump angeordneten übereilten Rückzug der US-Truppen aus dem Kampf gegen den sogenannten „Islamischen Staat“, Trumps Faszination für den arabischen Autoritarismus und seine Abkehr von den Grundprinzipien der Zwei-Staaten-Lösung im israelisch-palästinensischen Konflikt. Er schlussfolgert, dass Trumps Nahostpolitik zu einem „Mischmasch“ geführt habe, der Unterbrechungen anbiete, wo Kontinuität erforderlich sei, und Kontinuität aufrecht erhält, wo Unterbrechungen notwendig wären.
Marco Overhaus untersucht die unterschiedlichen Ansätze in der amerikanischen Iranpolitik, die sich von einem „Dual-track“- hin zu einem „Maximum pressure“-Ansatz entwickelt haben. Er kommt zu dem Schluss, dass Trumps aggressiver Ansatz nicht per se zum Scheitern verurteilt, sondern nur fehlerhaft sei, weil er die Diplomatie vernachlässige und die Risiken erhöhe, dass die Vereinigten Staaten wieder mehr in die „endless wars“ hineingezogen werden.
Elisabeth I-Mi Suh untersucht die persönliche Beteiligung von Präsident Trump an den Verhandlungen über das nordkoreanische Nuklearwaffen- und Raketenprogramm. Sie schlussfolgert, dass Trumps Außenpolitik gegenüber Nordkorea die Rolle von Emotionen, persönlichen Charakterzügen und der heimischen Wählerschaft verstärkt habe. Gespräche auf der Arbeitsebene, die für die Gestaltung eines Abkommens entscheidend sind, seien vernachlässigt, wenn nicht sogar untergraben worden, so Suh.
Vor dem Hintergrund des Untergangs amerikanischer Hegemonie analysieren Holger Janusch und Daniel Lorberg Trumps Handelskrieg mit China. Ihren Ergebnissen folgend, passt Trumps „Maximum Pressure“-Verhandlungsansatz in das Verhaltensmuster eines untergehenden Hegemonen, wie es die Theorie hegemonialer Stabilität prognostiziert. Das vereinbarte sog. Phase One-Abkommen könne in diesem Zusammenhang eher als ein Waffenstillstand, denn als ein dauerhafter Handelsfrieden zwischen dem untergehenden Hegemonen und seinem Herausforderer angesehen werden, argumentieren die beiden Autoren.
Guadalupe Correa-Cabrera betrachtet Trumps Grenzsicherungspolitik gegenüber Migrantenkarawanen und daraus entstehene Protestbewegungen. Unter Bezugnahme auf andere Protestbewegungen, insbesondere die Standing-Rock-Proteste, erarbeitete sie erste Erklärungen zu Netzwerken von Protestbewegungen, der Politik von Philanthropie, der Nutzung von Mitteln der Aufstandsbekämpfung und der Geopolitik von Grenzsicherheit.
Zu guter Letzt eröffnet John M. Callahan eine alternative, optimistische Sicht, wenn er Trumps „Grand Strategy“, die durch seine „America First“-Ideologie inspiriert wurde, in einem breiteren historischen und globalen Kontext bewertet. Entgegen oft vorgebrachter Kritik argumentiert er, dass Trumps Sicherheits- und Außenpolitik durchaus von Lerneffekten und Zurückhaltung in Konflikten geprägt sei. Zudem habe er versucht, das grundlegende Problem einer imperialen Überdehnung anzugehen.
Außerhalb des Themenschwerpunkts schlagen Nils Zimmermann und Jahara Matisek eine stärker entwicklungspolitische Rolle für Militärs in Afrika im Rahmen eines Peace Engineering Corps vor.
Kontakt zur Redaktion: Patricia Schneider, schneider@ ifsh.de.
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