USA kündigen das Atomabkommen mit dem Iran auf: Die ökonomischen Konsequenzen

Die Kosten sind hoch, aber das Atomabkommen mit dem Iran ist noch zu retten

 

Die angekündigte schrittweise Wiedereinsetzung US-amerikanischer Sanktionen hat relativ wenig Auswirkungen auf den Wirtschaftsverkehr der USA mit dem Iran. Dieser ist seit Jahrzehnten auf sehr geringem Niveau. Entscheidender für den Iran sind andere Partner: Russland, China, Indien und an erster Stelle der größte Handelspartner, die EU. Aber auch diese Staaten sind durch US-amerikanische Sanktionen von der Entscheidung Trumps unmittelbar betroffen. Der Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen setzt auch andere Regierungen unter erheblichen Entscheidungsdruck.

Insbesondere in zwei für den Iran zentralen Bereichen sollen die US-Sanktionen auch die Beziehungen von Firmen aus anderen Staaten mit dem Iran unterbinden: im Bereich der Bankgeschäfte und dem Export von Erdöl und Erdölprodukten. Die USA drohen ausländischen Unternehmen mit hohen Geldstrafen und der Ausschließung vom US-amerikanischen Markt, wenn sie weiter mit dem Iran Geschäfte machen. Wie die Zeit vor dem Atomabkommen gezeigt hat, sahen sich europäische aber auch chinesische und russische Firmen angesichts dieser Risiken gezwungen, ihre Beziehungen zum Iran abzubrechen. So ging etwa der deutsche Export in den Iran schon vor 2012 um mehr als die Hälfte zurück, von rund vier auf weniger als zwei Milliarden Euro. Die EU hatte damals scharfe Iran-Sanktionen verhängt.

Die EU haben diese Einflussnahme durch die USA hingenommen und 2012 sogar eigene scharfe Sanktionen verhängt. Damals gab es keine Inspektionen im Iran und das iranische Atomprogramm wurde zunehmend größer. Damit sollte auch verhindert werden, dass in Washington die Hardliner die Oberhand gewannen, die die Bombardierung iranischer Nuklearanlagen propagierten.

Jetzt aber hat die EU angekündigt sich zu wehren. Rechtliche Instrumente dazu hat sie schon seit den 1990er Jahren in Form einer EU-Verordnung, der „blocking regulation“. Diese verbietet europäischen Firmen die Befolgung extraterritorialer US-Sanktionen und sieht Entschädigungen für den Fall US-amerikanischer Bestrafung vor. Ist die EU entschlossen, die wirtschaftlichen Folgen des US-amerikanischen Ausstiegs aus dem Atomabkommen für den Iran gering zu halten, könnte die „blocking regulation“ für die EU sehr teuer werden. Es würde Geld in die US-amerikanische Haushaltskasse gespült. Es wird sinnvoller sein, den dort vorgesehenen Maßnahmenkatalog zu erweitern, wozu unter anderem Gegensanktionen gegen US-amerikanische Firmen gehören könnten. Auch das hat hohe Kosten – wirtschaftliche und politische.

Trump setzt auf wirtschaftlichen Druck auf den Iran, damit dessen Führung sich zu Verhandlungen über einen „besseren Deal“ gezwungen sieht – den kann die USA selber nicht erzeugen. Der muss durch die extraterritorialen Sanktionen gegen die wichtigsten Handelspartner des Iran aufgebaut werden, vor allem aus der EU, Russland und China. Die EU ist dabei von besonderer Bedeutung. Denn wenn sich Europa weigert, dem Trumpschen Diktat zu folgen, dürften sich auch Russland und China eher bereit zeigen, Widerstand zu leisten. Was in diesem Fall heißt: die Kosten des Festhaltens am Atomabkommen zu tragen.

Das Atomabkommen ist diese Kosten wert, da die wahrscheinlichste Alternative zum Festhalten daran eine Ausweitung der Kriege im Nahen Osten ist. Denn es spricht angesichts der Machtverhältnisse in Teheran wenig für die Trumpsche Hoffnung, dass der Iran sich auf neue Verhandlungen einlässt. Im Gegenteil: die Führung in Teheran droht mit der Ausweitung ihrer nuklearen Aktivitäten und Einschränkung oder gar Beendigung der internationalen Überwachung. Die große Gefahr ist, dass Trump dann dem Drängen der Hardliner in den USA in Israel und in anderen Staaten der Region nachgibt und keine Alternative mehr zur Bombardierung iranischer Nuklearablagen sieht. Das aber könnte die ganze Region in Brand setzen.

Michael Brzoska