Ergebnisvorstellung des Hamburger Mitmach-Projekts „Multiple Krisen verstehen und bewältigen“

Abschlussveranstaltung und spannende Erfahrungsberichte aus den „Forschungswerkstätten Krisen!“ in der Hamburger Zentralbibliothek

Klimaerwärmung, Pandemie, Kriege: Die eine Krise ist noch nicht überwunden, schon folgt die nächste. Die Auswirkungen dieser multiplen Krisen stellen auch die Bürger:innen sowie die Politiker:innen in Hamburg vor große Herausforderungen. Aber wie genau wirken sich steigende Lebensmittel- und Heizkosten oder auch die Integration von Kriegsflüchtlingen auf das tägliche Leben in den verschiedenen Stadtteilen aus? Welche Konflikte entwickeln sich? Und andersherum: Welche Formen der Zusammenarbeit und Solidarität entstehen in diesen schwierigen Zeiten?

Eine Gruppe von Forscher:innen der Universität Hamburg und Vertreter:innen der Zivilgesellschaft haben sich zusammengefunden, um gemeinsam Antworten zu finden. So entstand das Forschungsprojekt „Multiple Krisen verstehen und bewältigen“, kurz: MUVE. In einer Reihe von „Forschungswerkstätten Krisen!“, die in der Zentralbibliothek und den Bücherhallen in Wilhelmsburg und den Elbvororten stattfanden, tauschten Bürger:innen aus ganz Hamburg ihre Gedanken und Erfahrungen mit den Wissenschaftler:innen aus. Dabei ging es den beteiligten Forscher:innen, darunter Prof. Dr. Ursula Schröder und Prof. Dr. Christine Hentschel, vor allem um den offenen Diskurs über persönliche Krisenerfahrungen, Bewältigungsstrategien und Zukunftsvisionen der Teilnehmenden.

Erste Ergebnisse aus diesen Forschungswerkstätten und eine Projektbroschüre stellten die zentralen Projektbeteiligten auf der öffentlichen Abschlussveranstaltung am 22. November in der Zentralbibliothek in Hamburg vor.
 

Tiefe Einblicke in die deutsche Gesellschaft

Yara Hijazi war engagierte Teilnehmerin gleich mehrerer Forschungswerkstätten in verschiedenen Stadtteilen und konnte dem Publikum dadurch viele persönliche Eindrücke aus den einzelnen Werkstätten vermitteln. Da sie erst seit Kurzem in Deutschland lebe, hätten ihr die Diskussionen über hohe Mieten und Heizkosten, Klimaerwärmung oder Pandemiebekämpfung geholfen, die gesellschaftlichen Herausforderungen in Deutschland auf Stadtteil- und nationaler Ebene besser zu verstehen, so die gebürtige Libanesin.

Wünsche an die Hamburger Politik

Auch Werkstatt-Teilnehmer:innen aus dem Publikum berichteten über ihre Erfahrungen. Ein Teilnehmer aus Wilhelmsburg hob hervor, dass ihm die Übung „Wilhelmsburg im Jahr 2040“ sehr gut gefallen und weitergebracht habe. Viele weitere Redebeiträge von Zuschauer:innen waren mit konkreten Wünschen an die Hamburger Politik verbunden. 
Steffen Ries nahm als Vertreter der Hamburger Sozialbehörde und ehemaliger Leiter des Hamburger Corona-Stabs auf dem Podium Stellung zu den Wünschen und Anregungen der Bürger:innen. Er gab auch Einblicke in seine Arbeit. Exemplarisch skizzierte er, wie im Falle des Hamburger Wohngelds aus der Corona-Zeit gelernte Krisenmechanismen übernommen und angewendet würden. In diesem konkreten Fall würden wie in Corona-Zeiten schnell angelernte Task Forces zusammengestellt, die sich allein darum kümmerten, Wohngeld-Anträge zügig zu bearbeiten.

Unterschiedliche Krisenwahrnehmungen in den Elbvororten und in Wilhelmsburg 

IFSH-Direktorin Prof. Dr. Ursula Schröder, die zwei Forschungswerkstätten in der Zentralbibliothek geleitet hatte, stellte heraus, welche Eindrücke für sie aus wissenschaftlicher Sicht besonders spannend waren. So berichtete sie von Menschen, die ihr Vertrauen in staatliche Fürsorge verloren hätten und anstatt dessen auf lokale zivile Akteure wie beispielsweise Stadtteilzentren oder Vereine setzten. Interessant sei auch gewesen, welche unterschiedlichen Krisenwahrnehmungen in den einzelnen Stadtteilen vorherrschten: In Blankenese hätten eher Krisen, die in der Zukunft verortet wurden, im Fokus gestanden. In Wilhelmsburg sei es auch um den alltäglichen Umgang mit Krisen gegangen. Als einen wichtigen Eindruck nahm Prof. Dr. Ursula Schröder mit, dass in allen Werkstätten klar Wille und Bereitschaft zu gesellschaftlichen Veränderungen geäußert wurde, um mit den multiplen Krisen unserer Zeit umzugehen.

Gero Goroncy, Bereichsleiter Jugendhilfe & Familienförderung, BI Beruf und Integration Elbinseln gGmbH und enger Begleiter der Forschungswerkstätten in Wilhelmsburg, verwies darauf, dass die Stadt Hamburg mehr auf lokale, passgenaue Lösungen für Probleme setzen sollte, die sich aus Mehrfachkrisen und auch Mehrfachdiskriminierungen ergäben. Ein konkretes Beispiel, wie eine solche Lösung in Wilhelmsburg ausgesehen hat, kann in der MUVE-Broschüre nachgelesen werden.

Die gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen aus den Forschungswerkstätten hat das Projektteam in einer Broschüre zusammengefasst. 
MUVE-Broschüre lesen (PDF)
 

 

Zum Forschungsprojekt:

MUVE, Multiple Krisen verstehen und bewältigen, ist ein gemeinsames Forschungsprojekt des IFSH mit der Profilinitiative „Gewalt- und Sicherheitsforschung“ der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Universität Hamburg (Prof. Dr. Christine Hentschel und Prof. Dr. Ursula Schröder). An dem Projekt beteiligt sind neben den Bücherhallen Hamburg die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg. Es wird durch die Förderlinie „Science for Society“ der Landesinnovationsförderung der Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke (BWFGB) finanziert.

Dieses Projekt ist zudem Teil des IFSH-Forschungsfokus „doing peace!“.

Mehr über „doing peace!“ erfahren

Zusammen mit vielen Teilnehmer:innen der "Forschungswerkstätten Krisen!" feierten die Projektpartner den gelungenen Abschluss des partizipativen Forschungsprojekts MUVE in der Zentralbibliothek in Hamburg.