Seit der Unabhängigkeit des Landes wurde die Welt im Oktober 2020 Zeuge eines dritten plötzlichen Machtwechsels in Kirgisistan. In den Jahren 2005, 2010 und 2020 hatten wiederholte Massenproteste zum gewaltsamen Sturz der politischen Regime der Präsidenten Askar Akaev, Kurmanbek Bakiev und Sooronbay Zheenbekov geführt. Obwohl die Bedingungen, die zu den Protesten beitrugen, mehr oder weniger ähnlich waren, unterscheiden sie sich hinsichtlich der Art und Weise, wie die politischen Eliten von den Demonstrant:innen gesehen wurden.
Das Ziel dieses Beitrags ist eine kritische Analyse der Rolle politischer Eliten während der drei Revolutionen in Kirgisistan. Die Autor:innen sehen einen abnehmenden politischen Einfluss von Führungspersonen, eine Zunahme öffentlicher Beschwerden und eine Verschlechterung der sozioökonomischen Lage. Gegen Ende 2020 haben diese Prozesse das Misstrauen gegenüber dem politischen Establishment verstärkt und zur Popularität und Machtübernahme des stärker populistisch orientierten Präsidenten Sadyrbek Japarov beigetragen. Im Gegensatz zu den vorangegangenen kirgisischen Revolutionen gelang es den etablierten Eliten nach der Revolution im Oktober 2020 also nicht mehr, eine Führungsperson aus dem alten politischen Establishment zu etablieren. Die Autor:innen gehen davon aus, dass die Rolle dieser alten politischen Eliten tendenziell abnimmt und sie nicht mehr die starren Machtfaktoren darstellen, als die sie noch erscheinen. Des Weiteren kritisieren Sheranova und Uraimov die bisherige Forschung zu Protesten in Zentralasien als elitär und reduktionistisch, da sie die Rolle der Gesellschaft und der sozialen Missstände oft außer Acht lässt.
Der Aufsatz “The Declining Role of Political Elites in Revolutions in Post-communist Eurasia: The October Revolution in Kyrgyzstan” von Arzuu Sheranova, freie Mitarbeiterin im IFSH-Projekt "Lokaler Frieden in Zentraleurasien", und Marat Uraimov ist online nachzulesen in Central Asian Affairs: https://brill.com/view/journals/caa/10/2/article-p183_4.xml