Russland führt seinen Krieg gegen die Ukraine und die europäische Friedens- und Sicherheitsordnung nicht nur militärisch, sondern auch innerhalb internationaler Organisationen. In einem neuen Aufsatz in der Zeitschrift OSTEUROPA zeigt IFSH-Forscher Dr. habil. Cornelius Friesendorf, wie russische Praktiken die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) schwächen.
Russland verletzt internationale Grundregeln wie das Gewaltverbot und den Schutz territorialer Integrität, die auch Kern des OSZE-Prinzips der kooperativen Sicherheit sind. Hinzu kommt, dass das russische Außenministerium die wöchentlichen Treffen in der Wiener Hofburg, dem Sitz der OSZE, nutzt, um Propagandanarrative zu verbreiten. Auch nutzt Russland sein Veto-Recht in der OSZE (die mit Einstimmigkeit entscheidet), um die operative Arbeit der OSZE zu blockieren. So gibt es seit 2021 keine Einigung über den Regelhaushalt.
Cornelius Friesendorf beschreibt in seinem Aufsatz, der auf Interviews, persönlichen Beobachtungen und russischen Verlautbarungen beruht, diese Praktiken in Detail. Er untersucht weiterhin die Triebkräfte dieser Praktiken; diese stellten eine komplexe Gemengelage aus Ideologie, institutionellen Anreizen und persönlichen Motiven russischer Diplomat:innen dar.
Welche Handlungsmöglichkeiten haben Unterstützer der Ukraine beim Umgang mit Russland innerhalb der OSZE? Friesendorf argumentiert, dass sie einen schwierigen Balanceakt vollführen müssen. Einerseits geht es darum, Russland zu isolieren und russische Entscheidungsblockaden zu umgehen. Andererseits braucht es die Bereitschaft, bei zentralen Fragen gemeinsam mit Russland zu entscheiden. Die OSZE zeigt damit exemplarisch, dass es im Umgang mit einer revisionistischen Macht keine einfachen Antworten gibt, sondern geschicktes Risikomanagement gefragt ist.
Dr. habil. Cornelius Friesendorf: Die Demontage der OSZE. Russland, der Krieg und die Folgen. OSTEUROPA 6-7, S. 191-204.