Angesichts einer Krise des liberalen Universalismus steht die Friedensforschung vor vielfältigen neuen Herausforderungen. Wie wird Frieden jenseits europäischer Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gedacht? Wie gelingt es eigentlich den einfachen Menschen Konflikte zu bewältigen, wenn traditionelle patriarchale Ordnungen noch einen hohen Stellenwert in ihrem Lebensumfeld haben? Welche Handlungsmöglichkeiten hat die lokale Bevölkerung in Zentralasien oder im Kaukasus, wenn mehr oder weniger autoritäre Regierungen starke Kontrolle ausüben? Wie werden externe Friedensmissionen wahrgenommen? Wie beeinflusst die globale Mobilität den lokalen Frieden?
Als Gastherausgeberin des Sonderheftes des Journal of Intervention and Statebuilding sucht IFSH-Friedensforscherin Anna Kreikemeyer mit diesen Beiträgen neue Ansatzpunkte für die Friedensforschung in und mit Zentraleurasien. Angeregt durch das britische Konzept der Ethnographischen Friedensforschung interessieren sich die fünf Autor*innen des Sonderheftes mit dem Titel Studying Peace in and with Central Eurasia hauptsächlich für das gesellschaftliche lokale Alltagsleben in dieser post-sowjetischen Region. Sie beleuchten den Stellenwert gewohnheitsrechtlicher islamischer Ordnungen oder die friedensstiftende Rolle respektierter älterer Frauen in Kirgisistan. Sie hinterfragen Licht und Schatten der Machtstellung lokaler Patrone bei der Streitschlichtung oder die Folgen der enormen Arbeitsmigration für Gemeinden in Tadschikistan. Schließlich wird auch deutlich, welche geringen Chancen westlicher Friedensjournalismus unter mehr oder weniger autoritären Regierungen im Kaukasus hat.
Die Beiträge finden Sie online unter https://www.tandfonline.com/toc/risb20/14/4