In ihrem Koalitionsvertrag versprechen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP eine „vorausschauende, evidenzbasierte und grundrechtsorientierte Sicherheits- und Kriminalpolitik“. Diesem Ziel möchte sich die Ampel-Regierung unter anderem durch die Einrichtung einer „Freiheitskommission“, der Durchführung einer „Überwachungsgesamtrechnung“ und einer unabhängigen wissenschaftlichen Evaluierung der Sicherheitsgesetze annähern. Bislang unklar ist allerdings, wie diese Ziele und Vorhaben konkret ausgestaltet und wie sie gegen andere Werte und Interessen abgewogen werden sollen sowie welche praktischen und politischen Herausforderungen sich dabei stellen. Auf einer Fachtagung in Berlin diskutierten am 10. Juni rund 70 Expert*innen aus Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft und Wissenschaft genau das: Wie kann eine „vorausschauende, evidenzbasierte und grundrechtsorientierte Sicherheits- und Kriminalpolitik“ im Detail umgesetzt werden und welche Herausforderungen stellen sich dabei?
Zu den Vortragenden gehörten unter anderem die Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor (CDU), Sebastian Fiedler (SPD), Misbah Khan (Bündnis 90/Die Grünen) und Benjamin Strasser (FDP) sowie die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Organisiert wurde die Tagung vom Forschungsbereich „Gesellschaftlicher Frieden und Innere Sicherheit“ und dem Berliner Büro des IFSH in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Menschenrechte. Die Veranstaltung fand in der Hamburger Landesvertretung in Berlin statt.
Insgesamt waren sich die Teilnehmer:innen weitgehend einig darin, dass eine „grundrechtsorientierte und evidenzbasierte“ Politik der inneren Sicherheit an sich zu begrüßen sei. Es zeigten sich aber unterschiedliche Ansichten dazu, was das genau bedeutet und wieviel in dieser Hinsicht von der Bundesregierung zu erwarten ist. Während einzelne Stimmen bereits eine echte „Zeitenwende“ erkennen wollten, waren andere deutlich zurückhaltender und betrachteten bisherige Ankündigungen für eine Neuausrichtung eher als symbolische Rhetorik. Ein Großteil der anwesenden Expert:innen bestätigte, dass es grundsätzlich positiv zu bewerten sei, bestehende Sicherheitsgesetze zu evaluieren und Gesetzesvorhaben künftig schon bei ihrer Entstehung durch ein unabhängiges Gremium wie die geplante Freiheitskommission kritisch zu begleiten. Gleichzeitig wurde deutlich, dass diese Vorhaben im Detail schwierige methodische und konzeptionelle Probleme aufwerfen. Mehrere Teilnehmer:innen betonten darüber hinaus, dass eine neue Politik der inneren Sicherheit zwingend auch die europäische Ebene sowie die Verschränkung innerer und äußerer Sicherheit berücksichtigen müsse. Daraus ergeben sich insbesondere Fragen der demokratischen und rechtsstaatlichen Kontrolle über die verschiedenen Ebenen hinweg.
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