Mit der Rückeroberung besetzter Gebiete ist der Ukrainekrieg Anfang September militärisch und politisch in eine neue Phase getreten. Der russische Präsident Putin agiere nun aus der Defensive, beobachtet Dr. Wolfgang Zellner, Senior Research Fellow und langjähriger Leiter des Zentrums für OSZE-Forschung am IFSH. In seinem Beitrag für die Blätter für deutsche und internationale Politik (11/2022) analysiert er vier Optionen, die Putin als Reaktion auf die ukrainischen Geländegewinne nach Ansicht des Friedensforschers jetzt noch blieben: Erstens solle durch die „Teilmobilisierung“ die schwierige Situation der russischen Streitkräfte verbessert werden. Zweitens versuche der russische Staatschef den Westen mit nuklearen Drohungen von der weiteren Unterstützung der Ukraine abzuhalten. Drittens soll die Zerstörung der Infrastruktur in der Ukraine deren Bevölkerung zermürben und eine neue Fluchtwelle gen Westen auslösen. Und schließlich ist mit den Sabotageakten gegen westliche Infrastrukturen eine neue Dimension hybrider Kriegführung zu beobachten.
Zellner benennt auch die Herausforderungen und Versäumnisse der westlichen Staaten, allen voran die der Bundesrepublik. Aus westlicher Sicht komme es nun darauf an, Außen- und Sicherheitspolitik global zu denken und innenpolitisch die Lasten während der Energietransformation sozial gerecht zu verteilen.
Da eine Verhandlungslösung derzeit nicht in Sicht sei, so Zellner, stellten sich nicht nur die NATO-Staaten auf einen längeren Krieg in der Ukraine ein.
Den Beitrag "Die Wende in der Zeitenwende" von Dr. Wolfgang Zellner können Sie hier lesen. Der Artikel ist in der Novemberausgabe der Zeitschrift Blätter für deutsche und internationale Politik erschienen.