Sollte Russland aus der OSZE ausgeschlossen werden?

Dr. habil. Cornelius Friesendorf (c) IFSH

 

Auf diese Frage gibt es keine einfache Antwort, denn es hätte sowohl Vor- als auch Nachteile. So könnte eine internationale Organisation wie die OSZE durch den Ausschluss eines Staates, der grundlegende Verpflichtungen verletzt, ihre Glaubwürdigkeit stärken. Und zwar indem sie zeigt, dass sie für ihre Grundsätze eintritt. Gleichzeitig könnte dieser Schritt die Legitimität der Organisation schwächen, da der Ausschluss oder die Suspendierung als Versagen der Organisation gewertet werden könnte, dass diese nicht mehr Einfluss auf ihre Mitgliedsstaaten ausüben konnten.

Um diese und weitere Fragen ging es bei einer Podiumsdiskussion am 22. Februar in Wien. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs erörterte Cornelius Friesendorf, Leiter des Zentrums für OSZE-Forschung (CORE) am IFSH, das Für und Wider einer Suspendierung der russischen Teilnehmerschaft in der OSZE. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine stellt einen extremen Verstoß gegen alle zentralen OSZE-Prinzipien dar. Daher wurde der Ruf nach einem Ausschluss Russlands aus der OSZE laut.

Cornelius Friesendorf wies jedoch darauf hin, dass eine solche Entscheidung kostspielig sein könnte. So würde sie jeden künftigen Dialog mit Russland über Fragen von gemeinsamem Interesse ausschließen. Außerdem wäre eine Initiative zur Suspendierung Russlands politisch riskant, da sie andere OSZE-Staaten, die enge Beziehungen zu Russland unterhalten, vor ein Dilemma stellen würde, warnte der Leiter des OSZE-Forschungszentrums am IFSH.

Die Veranstaltung in Wien war Teil einer Initiative der Parlamentarischen Versammlung der OSZE und diente der Vorbereitung des Jahrestages der Unterzeichnung der Schlussakte von Helsinki, der sich 2025 zum 50. Mal jährt. Diese 1975 in der finnischen Hauptstadt unterzeichnete Schlussakte enthält Grundsätze, die auch heute noch die OSZE prägen. In der Parlamentarischen Versammlung der OSZE kommen Parlamentarier:innen aus allen 57 OSZE-Teilnehmerstaaten zusammen.

Die Podiumsdiskussion fand am Vorabend der Tagung der Parlamentarischen Versammlung in Wien statt. Die Diskussion wurde von Margareta Cederfelt (Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung der OSZE) geleitet und von Lamberto Zannier (ehemaliger OSZE-Generalsekretär) moderiert. Weitere Diskussionsteilnehmer:innen waren Katarzyna Gardapkhadze (ehemalige stellvertretende Direktorin des OSZE-Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte), Roberto Montella (Generalsekretär der Parlamentarischen Versammlung der OSZE) und Walter Kemp (Globale Initiative gegen grenzüberschreitende organisierte Kriminalität).

Die anschließende Diskussion mit den Parlamentarier:innen konzentrierte sich auf die Frage, wie die Volksvertretungen die OSZE bei der Bewältigung einer institutionellen Krise unterstützen können, die sich durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine noch verschärft hat. Cornelius Friesendorf schlug vor, die OSZE unter anderem durch eine höhere, verlässliche und mehrjährige Finanzierung zu stärken. Hier könnten die Parlamente aufgrund ihrer Haushaltsbefugnisse einen Beitrag leisten. Die Redner:innen betonten auch, dass die Parlamentarier:innen die OSZE unterstützen können, indem sie die Sichtbarkeit der Organisation in ihren Heimatländern erhöhen – etwa durch OSZE-bezogene Debatten in den Parlamenten.