Prof. Dr. Catherine McArdle Kelleher, eine der renommiertesten Expertinnen für internationale Sicherheitspolitik, ist tot. Die Politikwissenschaftlerin, Analytikerin, Praktikerin und langjährige Unterstützerin des IFSH starb am 15. Februar 2023 nach langer Krankheit in Silver Spring, Maryland (USA). Sie wurde 84 Jahre alt. Über mehrere Jahrzehnte war sie dem IFSH eng verbunden: Sie gehörte zum Wissenschaftlichen Beirats des Instituts, arbeitete in der Deep Cuts-Kommission mit und unterhielt vielzählige persönliche Kontakte zu IFSH-Wissenschaftler:innen. In seinem Nachruf erinnert Prof. Dr. Götz Neuneck an die engagierte Wissenschaftlerin und Freundin des IFSH:
Catherine Kelleher (19. Januar 1939 – 15. Februar 2023) war eine vorzügliche Wissenschaftlerin, pragmatisch im Denken, bestens informiert, im positivsten Sinne umtriebig und dabei sehr gut vernetzt. Sie war stets offen für neue Gedanken – gerade auch unter Einbeziehung der Ansichten junger Wissenschaftler:innen – und zeigte dabei ein nachhaltiges Interesse an naturwissenschaftlich-technischen Analysen. Durch ihre Expertise der bundesdeutschen und europäischen Sicherheitspolitik – von der NATO über die OSZE bis hin zu Themen der Nuklearpolitik, Rüstungskontrolle und Abrüstung – wurde sie über die Jahrzehnte für das IFSH und weitere deutsche und US-amerikanische Forschungseinrichtungen zu einer zentralen Ansprechpartnerin, Unterstützerin und Brückenbauerin zwischen den USA und Europa. Die Gründe für ihr Interesse an Deutschland waren vielfältig: Sie war fasziniert von Berlin und hatte profunde Kenntnisse der deutschen und europäischen Sicherheitspolitik. Zudem war sie national und international exzellent vernetzt, trat bei den Pugwash- und Amaldi-Konferenzen auf oder in diversen internationalen Fortbildungsforen für junge Wissenschafter:innen.
Eine der ersten Frauen in der Männerbastion Sicherheitspolitik
Catherine Kelleher promovierte 1967 in den Politikwissenschaften am Massachusetts Institute of Technology (MIT). Als erste weibliche Professorin für militärische Strategie am Naval War College begann sie ihre akademische Karriere in den 1980er Jahren und arbeitete früh für das US-Verteidigungsministerium, die „Arms Control and Disarmament Agency“ sowie für das US-Außenministerium. Unter US-Präsident Jimmy Carter sammelte sie praktische politische Erfahrungen, gehörte im Weißen Haus zum Stab des Nationalen Sicherheitsrats und brachte ihre Expertise in verschiedenen Tätigkeiten im Pentagon ein. In der Clinton-Administration war sie zunächst Repräsentantin des US-Verteidigungsministers William Perry bei der NATO (1994-1996) und diente nachfolgend als „Deputy Assistant Secretary of Defense for Russia, Ukraine and Eurasia“ (1996-1998). Catherine Kelleher war eine der ersten Frauen, die sich in der männerdominierten US-Sicherheitscommunity durchsetzen konnte. 1988 gründete sie folgerichtig die inzwischen international tätige Organisation Women in International Security (WIIS). Von 1998 bis 2002 war sie Direktorin des Aspen-Instituts in Berlin und anschließend Professorin für Strategie am Naval War College in Norfolk (2001-2006). Ihre reichhaltigen Erfahrungen konnte sie danach als Senior Fellow am Watson Institute for International Studies an der Brown University, Rhode Island und als College Park Professorin an der University of Maryland einbringen. Außerdem war sie Honorarprofessorin der Freien Universität Berlin (FU) und unterrichtete zudem an der Columbia University, an der University of Denver und der Brown University.
Brückenbauerin und Netzwerkerin über Ländergrenzen hinweg
Catherine Kellehers unkonventionelle Fähigkeit, länderübergreifend Menschen mit innovativen Ideen zu vernetzen, zeigte sich in ihren vielen internationalen Lehrverpflichtungen, ihren Mitgliedschaften in Beratungsgremien und Stiftungen sowie Komitees von nationalen und internationalen Organisationen. Die Liste ihrer Errungenschaften ist zu lang, um sie hier wiedergeben zu können.
Ihre mehr als 70 akademischen Artikel und Bücher konzentrieren sich auf zentrale Fragen europäischer Sicherheit, Nuklearpolitik und Rüstungskontrolle, speziell bezogen auf Europa, Deutschland und Russland. Ihr Buch „Germany and the Politics of Nuclear Weapons“ ist ein Meilenstein nuklearer Nichtverbreitungsstudien. Zusammen mit Jane Sharp und Lawrence Freedman brachte sie in Zusammenarbeit mit dem IFSH 1996 den Jubiläumssammelband Nr. 100 der IFSH-Schriftenreihe Demokratie, Sicherheit, Frieden mit dem Titel „The Treaty on Conventional Armed Forces in Europe: The Politics of Post-Wall Arms Control“ (Nomos-Verlag) heraus.
Auszeichnungen, Ehrungen und internationale Anerkennung
Für ihre Tätigkeit wurde Catherine Kelleher vielfach mit Preisen geehrt, so u.a. mit dem Manfred-Wörner-Preis (2004), dem Ehrenkreuz der Bundeswehr in Gold (2001), der „Medal for Distinguished Public Service“ des Pentagons (1996), der „Director´s Medal“ der Defense Intelligence Agency (1998) und zuletzt dem „Thérèse Delpech Memorial Award“ des Carnegie Endowment for International Peace (2017).
Als VW-Stipendiat an dem von ihr gegründeten Center for International Security Studies at Maryland (CISSM) hatte ich 1989 das Glück, einen Eindruck von der School of Public Policy der University of Maryland, zu bekommen und dabei tiefe Einblicke in die US-Sicherheitspolitik zu erlangen. Über die Jahrzehnte ermöglichte Catherine Kelleher diversen Mitarbeiter:innen des IFSH, sich mit ihr immer wieder vertrauensvoll und gewinnbringend auszutauschen.
Mit großem Respekt vor Catherine Kellehers Lebensleistung nehmen wir Abschied von einer profunden Kennerin der deutschen und europäischen Sicherheits- und Friedenspolitik. Insbesondere trauert das Team des IFSH aber vor allem um eine langjährige Unterstützerin und Sympathisantin des Instituts.