Die Vereinigten Staaten kündigen das nächste internationale Abkommen auf. Nun wollen sie sich auch aus dem Open Skies-Vertrag zurückziehen, einem Vertrag zwischen den NATO-Staaten und ehemaligen Mitgliedern des Warschauer Paktes zur gegenseitigen Luftüberwachung. Dazu eine Einschätzung von Dr. Alexander Graef:
"Der angekündigte Rückzug der USA aus dem Vertrag über den offenen Himmel ist ein weiterer schwerer Schlag für die Rüstungskontrolle, die militärische Transparenz und Vertrauensbildung zwischen der NATO und Russland. Bei jedem Aufklärungsflug über Russland sitzen NATO-Militärs gemeinsam mit russischen Soldaten*innen in einem Flugzeug. Das ist einmalig. Die gemachten Aufnahmen stehen prinzipiell allen 34 Mitgliedsstaaten zur Verfügung, das schafft Transparenz und gegenseitiges Vertrauen. Seit 2002 wurden mehr als 1500 Flüge durchgeführt. Ein Drittel davon gingen über Russland und Weißrussland. Wie US-Außenminister Mike Pompeo sagt, wird das offizielle Rücktrittsgesuch der USA bereits heute erfolgen. Sechs Monate später würde es in Kraft treten. Die US-Regierung umgeht damit auch eine Auflage des Kongresses, die eigentlich eine 120-Tage-Frist vorsieht, bevor ein Rücktrittsgesuch eingereicht werden kann. Laut Vertrag müssen die Mitgliedsstaaten nun in spätestens 60 Tagen auf einer Konferenz entscheiden, wie es mit dem Vertrag weitergeht und was der Rücktritt der USA bedeutet. Auch eine Auflösung ist möglich. In den nächsten Wochen kommt es auf die Europäer an. Sie müssen nun versuchen, Russland im Vertrag zu halten, denn ohne Moskau hätte dieser wenig Sinn. Insbesondere Deutschland ist gefordert. Erst im vergangenen Sommer hat die Bundeswehr für rund 120 Millionen Euro ein neues Flugzeug für Aufklärungsflüge erhalten, das 2021 zum Einsatz kommen soll. Der Erhalt des Vertrags ist auch ein erster Test für die viel beschworene strategische Autonomie der Europäischen Union sowie für die von Außenminister Heiko Maas ins Leben gerufene Allianz für den Multilateralismus."
Zur IFSH-Pressemitteilung vom 22.05.2020 geht es hier.
Dr. Alexander Graef ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am IFSH und arbeitet im Forschungs- und Transferprojekt "Rüstungskontrolle und neue Technologien".
Warum der Open Skies-Vertrag gerade für Europa wichtig ist, zeigt die Visualisierung der beiden IFSH-Wissenschaftler Dr. Alexander Graef und Dr. Moritz Kütt.
Weitere Informationen zum Open Skies-Vertrag finden Sie zudem zusammengefasst und anschaulich aufbereitet in einem Themenschwerpunkt auf unserer Webseite.