Schutzversprechen in Krisenzeiten: Die EU als Sicherheitsgarantin?

Erfolgreicher Abschluss des Forschungsprojektes ZUSE

Ist die EU Garantin umfassender Sicherheit für ihre Bürger:innen? (c) Unsplash

In Zeiten von Corona-Pandemie, zunehmender Migration und Ukraine-Krieg betonen europäische Staaten und Institutionen verstärkt die Rolle der EU als Garantin umfassender Sicherheit für ihre Bürger:innen. Der aktuell beginnende Wahlkampf zu den Europawahlen 2024 verfestigt diesen Eindruck. Das Forschungsvorhaben Zusammenhalt durch Sicherheit? Diskurse, Interaktionen und Praktiken des europäischen Zusammenhaltes im Feld Sicherheit (ZUSE) hat diese Entwicklung genauer unter die Lupe genommen. Nach drei Jahren wurde das Verbundprojekt nun abgeschlossen. 

Während seiner Laufzeit hat das Projektteam untersucht, wie EU-Mitgliedstaaten und Institutionen Vorstellungen umfassender Sicherheit als Leitnarrativ europäischer Integration entwickeln, wie sich dieser Rahmen in Interaktionen und Vorstellungen zwischen Entscheidungsträger:innen und Expert:innen auf der administrativen Ebene übersetzt und wie Bürger:innen den Zusammenhang von Sicherheit und Zusammenhalt verstehen und durch lokale Praktiken erfahren, etwa im Umgang mit Geflüchteten vor Ort. Das IFSH-Team hat dazu unter anderem umfangreiche EU-Dokumente ausgewertet und zahlreiche Interviews mit administrativen Akteur:innen aus Kommission, Ratssekretariat und mitgliedsstaatlichen Vertretungen durchgeführt. Dabei zeigte sich unter anderem, dass die Betonung eines umfassenden Schutzversprechens an die europäischen Bürger:innen eine Politik fördert, die eher den Status quo abzusichern versucht, anstatt aktiv und mit innovativen Ideen die Gestaltung anstehender Zukunftsherausforderungen anzugehen, wie etwa die des Klimawandels. Zudem wurde deutlich, dass übergreifende Sicherheitsnarrative auch das Selbstverständnis administrativer Akteure im „Maschinenraum“ der europäischen Integration nachhaltig verändern können, etwa indem auch Personen in Bereichen wie der Handels- oder Sozialpolitik Sicherheit als einen wesentlichen Teil ihrer Aufgabenbeschreibung begreifen. Dafür sind alltägliche Interaktionen und individuelle Kontakte, etwa in gemeinsamen Arbeitsgruppen, von besonderer Bedeutung. 

Ihre Ergebnisse haben die IFSH-Wissenschaftler:innen auf nationalen und internationalen Konferenzen präsentiert sowie in einem Artikel in der Zeitschrift integration und in einem IFSH Policy Brief veröffentlicht. Weitere Publikationen sind aktuell im Erscheinen bzw. in Bearbeitung. Im November 2023 fand zudem im Berliner Büro des IFSH gemeinsam mit den Verbundpartnern und externen Gästen die Abschlusstagung des Projekts statt. 

Das vom IFSH koordinierte Verbundprojekt wurde vom BMBF im Rahmen der Ausschreibung „Zusammenhalt in Europa“ mit rund 1.200.000 € gefördert. Das Vorhaben war eine Kooperation mit der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg (Prof. Dr. Teresa Koloma Beck) und der Eberhard-Karls-Universität Tübingen (Prof. Dr. Thomas Diez). Die Verbundkoordination lag bei Dr. habil. Hendrik Hegemann, der auch das IFSH-Teilprojekt leitete. Das IFSH-Team bestand zudem aus Dr. Aline Bartenstein und Oliver Merschel. Unterstützt wurde das Projekt über die drei Jahre von den Wissenschaftlichen Hilfskräften Maria Vitoria Santana Catharino, Lara Islinger und Franziska Wunderlich.